Die Furcht vor der Freiheit

Die geistige Bezogenheit auf die Welt kann viele Formen annehmen. Der Mönch, der allein in seiner Zelle lebt, aber an Gott glaubt, und der politische Gefangene, der in Isolierhaft gehalten wird, sich aber mit seinem Mitkämpfern eins fühlt, sind seelisch nicht allein. Die Bezogenheit auf die Welt kann von hohen Idealen getragen oder trivial sein, aber selbst wenn sie noch so trivialer Art ist, ist sie dennoch dem Alleinsein noch unendlich vorzuziehen.

Die Religion und der Nationalismus oder auch irgendeine Sitte oder ein noch so absurder und menschenunwürdiger Glaube sind – wenn sie den einzelnen nur mit anderen verbinden – eine Zuflucht vor dem, was der Mensch am meisten fürchtet: die Isolation.

Erich Fromm – Die Furcht vor der Freiheit